Ich weiß, auf den ersten Blick scheint es nahezu ausgeschlossen, will man Spiritualität und Wissenschaft als Bündnis betrachten. Im beruflichen und privaten Leben sind wir es gewohnt in Sparten zu denken und vielleicht eher die Unterschiede zu betrachten als die Gemeinsamkeiten. In der Uni gehörte ich als Wirtschaftswissenschaftler in eine bestimmte Schublade und war in den Augen der Geisteswissenschaftler ein merkwürdiger Zeitgenosse.
In Unternehmen und Organisationen wird diese Trennung weitergeführt und Abteilungen arbeiten aufgrund unterschiedlicher Interessen und Ziele eher gegeneinander als miteinander. Fachliche Abgrenzung und die daraus resultierende Spezialisierung hat natürlich ihre Berechtigung und sollte als sehr sinnvoll betrachtet werden. Allerdings bedarf es hier eines gesunden Mittelmaßes und keiner engen Scheuklappen.
Ich möchte dich dazu einladen, die Dinge aus einem übergeordneten Blickwinkel heraus zu betrachten und alle scheinbar dogmatischen Grenzen herunterzufahren. Ich möchte ergänzen und integrieren statt ausschließen und abgrenzen.
Bewusstsein entscheidet über Wissen
Häufig hören wir in unserem Umfeld den Satz „Ich glaube nur, was ich sehe“. Was bedeutet dieser Satz? Er bezieht sich auf eine materielle Weltsicht und will nichts annehmen, was sich der eigenen Wahrnehmung entzieht. Das bedeutet, dass sich der Glaube nur auf die eigene Wahrnehmung stützt. Es kann aber objektiv nicht ausgeschlossen werden, dass außerhalb der subjektiven Wahrnehmung nichts anderes existiert. Ähnlich beim Verstecken spielen mit einem Kleinkind, das sich einfach die eigenen Hände vor das Gesicht hält und meint, man sehe es nicht mehr. Das Kleinkind geht davon aus, dass die eigene Wahrnehmung der dunklen Handflächen auch die Wahrnehmung des Gegenübers ist.
Ein weiteres Beispiel gibt das Höhlengleichnis von Platon (um 428 v.Chr.-347 v.Chr.), eines der bekanntesten Gleichnisse der antiken Philosophie. In einer unterirdischen Höhle mit einem Schacht leben Menschen, die dort ihr ganzes Leben als Gefangene verbringen. Sie sind so festgebunden, dass sie nur die Höhlenwand sehen können. Hinter ihnen brennt ein Feuer und zwischen den Gefangenen und dem Feuer bewegen sich Menschen oder Gegenstände. Sie werfen entsprechende Schatten auf die Höhlenwand. Alles was sich auf der Höhlenwand abspielt, ist für die Gefangenen die gesamte Wirklichkeit und wahr. Sie erarbeiten sich eine Wissenschaft von den Schatten und versuchen Gesetzmäßigkeiten herauszufinden.
Stell dir jetzt mal vor, ein Gefangener würde nach dieser jahrelangen Erfahrung losgebunden werden. Er würde plötzlich die Gegenstände und Personen hinter sich sehen können und würde diese Dinge vermutlich für nicht real halten. Würde man den Gefangenen an das Tageslicht bringen und ihn die Erdoberfläche entdecken lassen, dann würde er beginnen zu verstehen. Wahrscheinlich würde er nicht mehr in die Höhle zurückkehren wollen.
In diesem Gleichnis stellt die Höhle die normale materielle Umgebung der Menschen dar. Der Aufstieg des Gefangenen entspricht einem Befreiungsprozess. Aus der sinnlich wahrnehmbaren Welt der vergänglichen Dinge in die nicht-sichtbare geistige Welt, in der die Idee der moralischen Gesetze und des Guten den höchsten Rang einnimmt. Dieser Befreiungsprozess wird individuell vollzogen und gleichzeitig kollektiv.
Ist die eigene Weltsicht (Glaube) rein materiell ausgerichtet, ist dies die Basis für das daraus resultierende Wissen. Folglich geht die Ausrichtung des Weltbildes dem Wissen voran. Dies gilt für die Wissenschaft als auch für unseren Alltag. Nur auf Basis unserer aus dem Weltbild entstandenen Interessen entscheiden wir uns für Informationen, Betrachtungsweisen und Forschungsbereiche. Dementsprechend ist Wissen nicht zwangsläufig verbunden mit Wahrheit bzw. Ganzheit. Es kann aber einen Teil des Ganzen als Wahrheit beschreiben. Wesentlich für eine umfassende Wahrheitsfindung im Sinne einer Ganzheit, ist nicht nur die rein materielle Weltsicht, sondern eine ganzheitliche Weltsicht bestehend aus materiellen (grobstofflichen) und spirituellen (feinstofflichen) Aspekten.
Vom Bekannten zum Unbekannten
Durch logische Folgerung ist die Wissenschaft in den letzten Jahrhunderten vom Bekannten zum Unbekannten gelangt. Sie hat die Gesetze der materiellen Welt offengelegt. Unser Planet Erde ist nicht mehr Dreh- und Angelpunkt des Universums. Vielmehr ist er einer der kleinsten Planeten, der im unvorstellbar unendlichen Universum seine Kreise zieht. Die Sonne selbst ist nur der Stern eines Planetenwirbels, wie es ihn tausendfach im Universum gibt.
Im 19. Jahrhundert begann mit der Atomtheorie von John Dalton (1766-1844) ein Zeitalter der Forschung, wo Perspektiven und Begrifflichkeiten um die Atome erneuert wurden. Entdeckungen wie die strahlenden Eigenschaften der Materie durch William Crookes (1832-1919) und die unsichtbaren Strahlen durch Wilhelm Konrad Röntgen (1845-1923) eröffneten neue Erkenntnisse. Alte und bisherige wissenschaftliche Glaubenssätze galten als überholt. Niels Bohr (1885-1962) , Max Planck (1858-1947) und Albert Einstein (1879-1955) entwickelten neue Konzepte. Der menschliche Körper wird seitdem als elektronischer Strudel angesehen, gesteuert durch das Bewusstsein. Nikola Tesla (1856-1943) hat als Erfinder, Physiker und Elektroingenieur Neuerungen und umweltfreundliche Technologien im Bereich der elektrischen Energietechnik hervorgebracht.
Die Quantenforschung belegt im späten 20. Jahrhundert, dass die Teilchen, aus denen der physische Körper besteht, untereinander kommunizieren können und dass Menschen mit ihrem Bewusstsein und ihren Gedanken Einfluss auf diese Teilchen nehmen können. Im Jahr 2016 konnten die von Albert Einstein theoretisch hergeleiteten Gravitationswellen erstmals gemessen und nachgewiesen werden (Spiegel-Online Artikel). Sie ermöglichen einen neuen Blick in unser Universum. Karsten Danzmann, ein beteiligter Forscher des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik sagte hierzu: „Es ist so, als würden wir einen neuen Sinn für unsere Wahrnehmung des Universums bekommen.“
Es gibt keine Gipfel – nur Stufen
Mit Ergebnissen wie diesen nähert sich die Wissenschaft immer mehr den spirituellen Wissensbereichen an. Wir erkennen zunehmend, dass es sich nicht um getrennte Wissensbereiche handelt, sondern dass es mehrere Betrachtungsweisen eines größeren Ganzen gibt. Evolution endet nie und wir dürfen gespannt sein über die in Zukunft noch zu erwartenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Schöpfung.
Spiritualität und Wissenschaft sind zwei Schalter der menschlichen Intelligenz. Die Wissenschaft legt die Gesetze der materiellen Welt offen. Die Spiritualität die Gesetze der geistigen Welt. Spiritualität und Wissenschaft können sich nicht widersprechen, denn sowohl die eine als auch die andere hat den gleichen schöpferischen Ursprung. Die Diskrepanz, die man zwischen Spiritualität und Wissenschaft vermutet, hat ihren Ursprung in einem Übermaß an Exklusivität, sowohl von der einen als auch von der anderen Seite. Aus Konflikten wie diesen entstehen Ungläubigkeit und Intoleranz.
Wenn die Wissenschaft nicht mehr ausschließlich materialistisch ist, werden sich die beiden Kräfte aus Wissenschaft und Spiritualität gegenseitig unterstützen. Sie werden sich stärken und höhere Schwingungsebenen erreichen.